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Compliance

Dieser Beitrag der Rechtsanwältin Nina Diercks erschien zuerst (und leicht gekürzt) in der Zeitschrift Arbeit und Arbeitsrecht (AuA) in Heft 12/18.

Vielen Dank an die Redaktion und damit natürlich an Volker Hassel!


 

Recruiting- und Personalauswahlverfahren unter DSGVO und BDSG

Datenschutz ist naturgemäß ein Thema für die Personalabteilung. Schließlich arbeitet man dort mit nichts anderem als personenbezogenen Daten. Dennoch sahen lange recht wenige Personalabteilungen eine primäre Zuständigkeit für dieses Thema. Es hieß vielmehr, der Datenschutz liege in den Händen der Compliance-Abteilung. Dass sich diese zumeist mit den Spezifika der Datenverarbeitung im Bereich Personal nicht auskennen (nicht auskennen können), wurde sanft ignoriert. Auch von beratenden Arbeitsrechtskanzleien war oft kaum etwas zu vernehmen. Wenig verwunderlich, galt Datenschutz unter Fachanwälten für Arbeitsrecht doch als das „Orchideenfach“, das „einem als Arbeitsrechtler einfach nicht liege“ (so noch Dozenten beim Fachanwaltslehrgang Ende 2016). Dazu verstehen zu viele Arbeitsrechtler unter Personalauswahlverfahren immer noch ausschließlich das Lesen von Bewerbungsunterlagen nebst Interview. Die Folge? Vielmehr, als dass Fristen zur Aufbewahrung von Bewerber- wie auch Personalakten existieren, war nicht bekannt. Und selbst hier herrschte große Unsicherheit darüber, wie lang diese tatsächlich sind. Drei Monate für Bewerber? Oder doch sechs? Daneben tauchten zwar Fragen auf wie „Wie ist das eigentlich beim Sourcing?“, „Was ist mit Daten im Talent-Pool?“ „Video-Interviews dürfen wir doch nicht führen oder?“, jedoch wandte man sich diesen Themen nicht zu tief zu, das Tagesgeschäft rief schließlich.

Diese fürsorglich ignorierte Unsicherheit schlug mit der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), die am 25. Mai 2018 Geltung erlangte, vielerorts in Panik um. Mit einmal war Datenschutz keine jämmerliche Büropflanze mehr, der man einen Blick zuwerfen und sie wieder vergessen konnte, sondern wurde aufgrund der in Rede stehenden Sanktionsmöglichkeiten von bis zu 20 Millionen EUR bzw. bis zu 4% des weltweiten Jahresumsatzes und der Schadensersatzansprüche von Betroffenen als wesentlicher Teil der Unternehmensprozesse erkannt.

Die Panik flüsterte, man brauche für alles Rechtsgrundlagen und vor allem Einwilligungen, denn mit Einwilligungen sei wirklich immer alles sicher. Vor allem, wenn eine Einwilligung vom Bewerber zur Datenverarbeitung oder zum Einsatz von Online-Assessments vorliege. Der erleichterte Ausruf vieler Orten: „Ach, wie toll, das Bewerbermanagement-System bietet die Einwilligungsabfrage direkt an!“

Die Wahrheit ist, mit der DSGVO und dem angepassten Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) hat sich die Rechtslage im Hinblick auf Recruiting- und Personalauswahlverfahren nur verhältnismäßig wenig geändert. Um der dennoch aufkeimenden Panik entgegenzutreten, werfen nun einen unaufgeregten Blick auf die Verfahren unter DSGVO und BDSG.

1. Der Anfang jeder Einstellung – Die Bewerbungsphase

Am Anfang jeder Einstellung steht entweder die klassische Bewerbung oder – o tempora, o mores! – die Suche nach geeigneten Kandidaten, die Identifikation und Ansprache derer (sog. Sourcing.)

Den ganzen Artikel lesen.

Die Datenschutzbehörden kündigten schon länger an, dass die ersten Bußgelder nach der DSGVO im vierten Quartal verhängt werden würden. Nun ist es soweit:

Der Landesdatenschutzbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit Baden-Württemberg (LfDI) verhängte just das erste Bußgeld und zwar in Höhe von 20.000,00 EUR gegen den Anbieter einer Social Media Plattform.

Nur 20.000,00 EUR?! So eventuell die eine oder andere innere Reaktion der Leser*innen. Führt man sich jedoch zum einen die Hintergründe, die im konkreten Fall zu diesem Betrag führten und zum anderen die Höhe von Bußgeldern, die bis zur DSGVO verhängt wurden, vor Augen, sieht das Bild schon anders aus.

Den ganzen Artikel lesen.

Das Upload Magazin Nr. 64 trägt den Schwerpunkt Datenschutz. Zu dieser Ausgabe durfte ich zum einen mit einem Bericht zum Status Quo nach sechs Monaten DSGVO beitragen und zum anderen durfte ich einen Praxisleitfaden für KMU (kleine und mittelständische Unternehmen) zur Erreichung der DSGVO Compliance verfassen. Dabei erläutere ich nicht nur, was es mit

  • dem Verzeichnis von Verarbeitungstätigkeiten
  • den Informationen zur Datenverarbeitung
  • den Vertraulichkeitsverpflichtungen
  • den Technischen und organisatorischen Maßnahmen
  • Auftragsverarbeitungsverträgen
  • Privacy by Design & Default
  • Datenschutzfolgeabschätzungen
  • Meldepflichten und
  • dem Datenschutzmanagement-Handbuch

jeweils auf sich hat, sondern vor allem, wie diese in Bezug zueinander stehen. Eine  eine systematische Herangehensweise an das Thema DSGVO-Compliance ist nämlich nicht nur sinnvoll, sondern spart am Ende Zeit und damit natürlich auch Geld.

Mitgeben möchte ich Ihnen als Geschäftsführer/in eines KMU vor allem, dass die Umsetzung der DSGVO  im Ergebnis natürlich machbar und gar nicht solch ein großer Schrecken ist. Sozusagen ein Scheinriese, der den Vorteil mit sich bringt, dass die Unternehmensprozesse einmal durchleuchtet werden – was man zumeist ohnehin schon lange vorhat, aber nun einen guten Grund hat, dies wirklich einmal zu tun.

Doch nun genug der Vorrede, hier können Sie den ganzen Artikel lesen (einfach auf den Screenshot klicken):

 

In diesem Sinne,

wir lesen uns drüben.

Vor Geltung der DSGVO wurde der Untergang aufgrund von wettbewerbsrechtlicher Abmahnwellen wegen Datenschutzverstößen beschworen. Warum diese Wellen ganz sicher nicht kommen werden, hatte ich bereits Mitte Mai 2018 in diesem Thread auf Twitter sowie vor wenigen Tagen im UPLOAD Magazin im „Statusbericht zur DSGVO“ erläutert.

Ganz kurz und knapp zusammengefasst ist dies darin begründet, dass sich zum einen die Rechtslage mit der DSGVO überhaupt nicht geändert hat. Denn Datenschutzverstöße konnten auch unter dem BDSG bzw. TMG mit Abmahnungen angegriffen werden. Schließlich handelt es bei Datenschutzregelungen regelmäßig auch um sog. Marktverhaltensnormen* (s.u.). Und zum anderen ist es nach wie vor so, dass Unternehmen den eigenen Hof schon sehr sauber halten müssen, bevor sie den (datenschutzrechtlichen) Schmutz beim Mitbewerber angprangern (mehr dazu hier und hier).Von daher wird es auch künftig nicht zu einer „Abmahnwelle“ in diesem Bereich kommen – ganz gleich wie sehr diese immer wieder – fast verzweifelt – herbei geschrieben wird.

Die Rechtslage hat sich mit der DSGVO nicht geändert? Ja, dieser Auffassung bin ich und dieser Auffassung sind auch zahlreiche andere. Aber es ist nicht zu verleugnen, dass sich die juristische Fachwelt in dieser Frage noch uneins ist. So vertritt insbesondere Köhler (WRP 2018, 1269, mwN) die Auffassung, dass die DSGVO doch eine abschließende und damit vorrangige Regelung sei, so dass sich die Frage der Anwendbarkeit des UWG bzw. der damit gegebenen Rechtsmittel gar nicht mehr stelle. Andere stellen (s. a. hier Köhler, aaO mwN) in Abrede, dass es sich bei datenschutzrechtlichen Regelungen um Marktverhaltensnormen handele, so dass aufgrund dieser fehlenden Eigenenschaften wettbewerbsrechtliche Abmahnungen nicht in Betracht kämen.

Diese Uneinigkeit schlägt sich derzeit auch in der Rechtsprechung wieder (again: Nur weil es jetzt die eine oder andere Entscheidung gibt, bedeutet das nicht, dass wir von „Wellen“ reden könnten). Während das LG Würzburg (Beschluss vom 13.09.2018, Az.: 11 O 1741/18) so selbstverständlich von einer Anwendung des UWG neben der DSGVO ausging, dass es dazu noch nicht einmal ein Wort verlor, entschieden die Richter des LG Bochum (Teil-Versäumnis- und Schlussurteil, Az. I12 O 85/18), dass die DSGVO eine abschließende Regelung darstelle und damit Ansprüche von Mitbewerbern ausschlösse. Auch hier findet sich keine Begründung der Kammer, sondern nur der lapidare Hinweis, man wisse, dass diese Frage in der Literatur umstritten sei und man schließe sich Köhler an. (Ich dachte zwar immer, dass Richter eben über das Recht entscheiden und nicht der Einfachheit halber auf einen (!) bestehenden Aufsatz verweisen sollten, aber gut. Bin ja nur Anwältin.)

Nun hat sich das OLG Hamburg (Urteil vom 25.10.2018, Az. 3 U 66/17) mit eben diesen Fragen auseinandersetzen müssen und hat dies erfreulicherweise sehr ausführlich getan. Das Ergebnis überrascht mich nicht, liegt es doch schon auf der Linie, die das OLG seit 2013 verfolgt (vgl. OLG Hamburg: Mangelhafte Datenschutzerklärungen sind wettbewerbswidrig und mit Abmahnungen angreifbar, Artikel vom 11.07.2013).

Die Entscheidung lautet kurz und knapp:

  1. Die DSGVO steht einer Anwendung des UWG nicht entgegen. Die DSGVO stellt insoweit keine abschließende Regelung dar (ab Rz. 34)
  2. Die hier (!) in Rede stehende Norm des § 28 Nr. Abs. BDSG a.F stellt keine Marktverhaltensnorm dar.

Soweit so gut begründet so klar. Anders ausgedrückt:

Natürlich können Datenschutzverstöße weiterhin auch mit wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen angegriffen werden, wenn und soweit gegen eine Marktverhaltensnorm verstoßen wurde.

Es ist eben zu prüfen, ob es sich bei der jeweiligen Norm um eine Marktverhaltensnorm handelt. Auch um die Frage, datenschutzrechtliche Normen und wenn ja, welche, Marktverhaltensregelungen im Sinne von § 3a UWG sind, wird im sehr gestritten.

Nicht ohne Grund hat das OLG Hamburg in diesem Fall die Revision zugelassen. Dies bedeutet, dass die Fragen, ob die DSGVO abschließend ist und wenn nicht, welche Datenschutzregelungen Marktverhaltensnormen darstellen, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vor dem BGH und möglicherweise auch vor dem EuGH verhandelt werden.

Aus den von mir hier an dieser Stelle eher knapp verlorenen Worten sowie den weiteren Ausführungen im Upload-Magazin wird wohl schon deutlich, dass ich die DSGVO für keine abschließende Regelung halte und meines Erachtens zahlreiche datenschutzrechtliche Normen als Marktverhaltensregelungen zu qualifizieren sind. Doch an dieser Stelle wird es von mir dazu zunächst keine weiteren Ausführungen geben, da ich just an dem Fachaufsatz

Die DSGVO entfaltet keine Sperrwirkung gegenüber den Rechtsbehelfen aus dem UWG 

– Eine Replik auf den Ansatz von Köhler (WRP, 11/18, S. 1269)

arbeite und all diesen Fragen intensiv nachgehen werden. Wo ich den Fachaufsatz veröffentlicht werden, steht derzeit noch nicht fest, aber ich halte Sie diesbezüglich ganz sicher auf dem Laufenden.

Update: Der Artikel ist am 05.12.2018 als „online only“ der CR (Computer & Recht) im Otto Schmidt Verlag erschienen. Der vorstehende Link führt zum Abstract und zur Datenbank des Otto Schmidt Verlages, ein Probezugang ist kostenfrei erhältlich).

 

In diesem Sinne,

haben Sie erst einmal einfach einen sonnigen Tag!

 

Uff. Der letzte Artikel hier auf dem Blog stammt vom 10. August. *hust. So sollte es hier natürlich an sich nicht zugehen. Aber Schuld ist – wie immer!1!!11 – die DSGVO. Nun ja, das stimmt vielleicht gar nicht, doch irgendjemand bzw. -etwas muss schließlich Schuld sein. Fakt ist jedenfalls, dass die DSGVO auch bei uns immer noch für eine extrem hohe Auslastung sorgt, so dass Themen bzw. Artikel wie etwa:

Ist der Betriebsrat eigentlich Verantwortlicher im Sinne der DSGVO? 

oder

Schließt die DSGVO die Anwendung von Ansprüchen aus dem UWG für Mitbewerber wirklich aus?

immer noch nur halbfertig in der digitalen Schublade liegen. (Ja, das ist gerade der Versuch, sich selbst etwas Druck vorzugeben…).

Doch trotz aller Arbeit, wenn das Upload-Magazin anfragt, ob ich nicht etwas zum neuen Heft beitragen kann, dann kann ich nicht nein sagen. Und so findet sich dort seit gestern der Beitrag

Statusbericht zur DSGVO: Was bisher geschah…

 

In dem Beitrag fasse ich zusammen, was seit der Geltung der DSGVO am 25. Mai 2018 geschehen und was nicht geschehen ist, vor allem jedoch, was nach Aussage der Datenschutzbehörden im vierten Quartal 2018 passieren wird. In dem Zusammenhang erläutere ich auch, warum zwar nach wie vor kein Grund zur Panik besteht, es jedoch verfehlt wäre, sich als Geschäftsführer zurückzulehnen und zu glauben, die Sache mit der DSGVO sei doch nicht so wichtig, schließlich seien doch – entgegen aller Untergangsszenarien – keine Millionen-Bußgelder verhängt worden.

Damit genug der Vorrede, hier geht es zum Artikel.

In diesem Sinne,

wir lesen uns drüben!

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Diercks Digital Recht

 

Nina Diercks (M.Litt, University of Aberdeen) arbeitet seit 2010 als Rechtsanwältin. Sie führt die Anwaltskanzlei Diercks in Hamburg. Die Anwältin berät und vertritt Unternehmen bundesweit, ist jedoch ausschließlich im IT-| Medien-| Datenschutz und Arbeitsrecht tätig. Daneben steht die Nina Diercks gern und oft als Referentin auf der Bühne sowie als Interviewpartnerin und Gastautorin zur Verfügung. Dazu hat sie im Jahr 2010 diesen Blog (früher: Social Media Recht Blog) ins Leben gerufen. Mehr

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