In dem durch das Arbeitsgericht Hamburg entschiedenen Fall (ArbG Hamburg 24 BVGa 1/24) hatte ein Arbeitgeber seinen MitarbeiterInnen ermöglicht, sich die Arbeit durch die – freiwillige – Nutzung des Tools ChatGPT zu erleichtern. Der Betriebsrat sah sich hier jedoch in seinem Mitbestimmungsrecht verletzt und bestand darauf, dass vor dem Einsatz dieser Technik eine vorherige Beratung und Abstimmung mit dem Arbeitgeber sowie entsprechende Vereinbarungen erfolgen müssten.
Die Ermöglichung der Nutzung von ChatGPT sah aus wie folgt: Der Arbeitgeber stellte eine Richtlinie und ein Handbuch zur Nutzung von IT-Tools mit künstlicher Intelligenz bei der Arbeit nebst einer Information eben darüber und mit entsprechenden Erläuterungen ins Intranet. Die Arbeit mit KI-Tools hatte ausschließlich auf freiwilliger Basis sowie im Webbrowser und mit privaten Accounts zu erfolgen.
Der Betriebsrat war jedoch der Meinung, dass die daraus folgende Teilung der ArbeitnehmerInnen in zwei Gruppen, nämlich jene, die ChatGPT nutzen und jene, die es eben nicht nutzen möchten, der Zusammenarbeit der Mitarbeiter*innen schade. Damit würde diese Form der Nutzung eines KI-Tools eine Gefahr für das Zusammenleben und – arbeiten darstellen und somit der Mitbestimmungspflicht im Bereich des Ordnungsverhaltens nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG unterfallen. Ferner sei das Mitbestimmungsrecht nach § 87 I Nr. 6 BetrVG berührt, schließlich könnten Dritte Daten verarbeiten. Und dann könnte die Einführung neuer Software psychische Belastungen der Arbeitnehmer*innen mit sich bringen, so dass auch das Mitbestimmungsrecht nach § 87 I Nr. 7 BetrVG berührt sei.
Demnach hätte das Tool nicht ohne Mitbestimmung des Betriebsrates und den Abschluss einer Betriebsvereinbarung eingeführt werden dürfen.
Der Rechtsauffassung des Betriebsrates erteilte das Gericht eine eindeutige und vollumfänglich Absage: Das Ordnungsverhalten ist nicht betroffen. Es ist Sache des Arbeitgebers, welche Arbeitsmittel er unter welchen Bedingungen den Mitarbeitern zur Verfügung stellt. Ebenso wenig ist § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG verletzt. Dieses Mitbestimmungsrecht soll den Arbeitnehmer nicht vor jedweder Datenverarbeitung schützen, sondern vor der Möglichkeit einer unzulässigen Leistungs- und Verhaltenskontrolle (siehe dazu auch ganz ausführlich: Diercks, Hat der Betriebsrat, insbesondere bei der Einführung von Software, ein Mitbestimmungsrecht in Sachen Datenschutz? – Spoiler: Nein, PinG 03/23, 87). ChatGPT wird jedoch weder auf den IT-Systemen des Arbeitgeber installiert noch hat dieser Zugriff auf die Nutzungs- oder Inhaltsdaten. Demnach ist eine Verhaltens- und Leistungskontrolle durch den Arbeitnehmer unmöglich. Das Gericht verglich hier – fast schon niedlich, aber doch eingängig – die Nutzung von ChatGPT mit der Nutzung der juristischen Datenbank Beck-Online. Das Rekurrieren auf § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG war dem Gericht gerade einmal drei Sätze wert, dieses Mitbestimmungsrecht sei nicht ersichtlich.
Überraschend ist an dieser Entscheidung eigentlich nur, dass überhaupt ein Arbeitsgericht über diese Fragen entscheiden musste.
Die vollständige Entscheidung des Arbeitsgerichts mit weiteren interessanten Einzelheiten können Sie hier nachlesen.
In diesem Sinne,
wir dürfen gespannt bleiben, welche weiteren Entscheidungen künftig bezüglich „KI“-Tools ergehen werden.
Das ist dann eine Regelung, die an der Realität vorbei ist: Nutzung privater Mailadressen zu betrieblichen Zwecken nur dann, wenn geklärt ist, ob private Adressen überhaupt genutzt werden können. Wir raten zu einem klaren nein, da es weitreichende arbeitsrechtliche Probleme nach sich zieht.
Werter Herr Arndt,
selbstverständlich sollten private Email-Adressen grundsätzlich nicht für betriebliche Zwecke genutzt werden. Hier geht es jedoch nicht um eine grundsätzliche Nutzung der privaten Email-Adresse zu geschäftlichen Zwecken wie etwa der Weiterleitung von betrieblichen Daten etc. pp., welcher insbesondere datenschutzrechtliche Risiken und Risiken in Bezug auf das Geschäftsgeheimnisgesetz inhärent sind, sondern es geht ausschließlich um die Anmeldung zu einem SaaS-Tool (was man zugegebenermaßen auch leichterdings mit der Firmenadresse hätte tun konnen, aber so liegt der Fall nun einmal nicht). Das Anmeldung und Nutzung dieses SaaS ist freiwillig. Ebenso ist hier das Nutzen einer privaten Adresse, die auch mickeymaus@entenhausen.de heißen kann, zum Zwecke der Anmeldung bei diesem SaaS freiwillig. Diese freiwillig angegebene Email-Adresse wird wiederum zur Anmelung bei einem Drittanbieter, dem SaaS, genutzt, auf den der Arbeitgeber keinen Zugriff hat. (Dass die Freiwilligkeitskriterien erfüllt sein müssen, geschenkt. Gehen wir davon einmal aus. Das war hier ja auch nicht Gegenstand der Entscheidung.)
Vor diesem Hintergrund erschließt sich mir die die von Ihnen genannte „weitreichende arbeitsrechtliche Problematik“ in keiner Art und Weise. Ebenso wenig eine datenschutzrechtliche.
Falls Sie auf die – Dank DSGVO, TTDSG und den Gerichten – inzwischen längst geklärten Fragestellungen bezüglich einer grundsätzlich erlaubten auch privaten Nutzung der IT-Infrastruktur eines Arbeitgebers anspielen: Diese ist hier gerade nicht berührt. Es werden keine privaten Daten mit den IT-Systemen des Arbeitgebers verarbeitet.
Aber vielleicht meinten Sie auch etwas anderes.
Beste Grüße
Nina Diercks